Geräte-Test Stereo-Endverstärker "Fusion No.400"
Die Fachzeitschrift "HÖRERLEBNIS" schreibt:
Aufstieg zum Ausstieg
von Alexander Aschenbrunner
Die ganz besondere Spezialität der schwäbischen High-End-Manufaktur WBE sind Hybridverstärker. Durch den Zusammenschluß oder Verbund von zwei grundsätzlich unterschiedlichen Verstärkermedien (Transistor und Röhre) erschafft Walter Bret seine Fusionen. Die Hybride (lat.: Mischling von zweierlei Herkunft) verfügen über zwei nicht zu verachtende Klangvorteile. Im Ergebnis findet der Hifi-Liebhaber nämlich die Kraft und vor allem Laststabilität des Transistors verbunden mit dem geschmeidigen Klang der Röhre.
Das so allein im Raum stehen zu lassen, reicht mir allerdings nicht. Man gestatte mir daher einen kurzen Ausflug in die Beschreibung der Konstruktionsweise der von vielen HiFi-Liebhabern so geliebten "Glühkörper". Röhren sind luftleergepumpte Glaskolben, die drei für ihre Wirkung wesentliche Organe enthalten.
Es sind dies:
- Ein Draht, der zum Glühen gebracht werden kann und eine elektronenaussendende Hülse erhitzt, besser heizt.
- Eine Drahtspirale um diese Hülse.
- Ein metallisches Rohr, das beides umschließt.
Der Draht, auch Heizfaden genannt, erhitzt die Hülse (die Kathode). Die Spirale, die die Hülse umschließt, ist das Gitter. Das äußere Metallrohr ist die Anode. Wenn also gelegentlich die Begriffe Kathodenspannung oder Anodenspannung fallen, dann wird klar, daß dies zwei unterschiedliche Spannungsverhältnisse sind, die demnach elektrisch auch unterschiedlich behandelt werden. Bei allen von WBE konstruierten Röhrenschaltungen wird die Heizspannung zur Schonung der Röhren langsam hochgefahren. Derart beschaltet sind bei den von WBE verwendeten Röhren Fragen bzgl. der Lebensdauer Fragen, die sich so schnell nicht stellen. Der Hersteller verwendet ausschließlich die US-Typen der Jan-Philips-Produktion aus dem Zeitraum 1986-1987. Nur zu dieser Zeit war die Produktionsgenauigkeit derart gleichmäßig gut, daß er aus dem Röhrenfundus z.B. die Baunummer 232 mit der Seriennummer 17 paaren kann. Das ist ein echtes Indiz für die außerordentliche hohe Fertigungsqualität jenes Röhrentyps. Dieser wird E83CC benannt. WBE ist es gelungen, sich die weltweit letzten Exemplare aus genau dieser Produktion zu sichern. Wie so oft stellt sich auch hier die Frage: "Kommt was Besseres nach?".
An den beiden, der Kennung nachgestellten "CC" erkennt übrigens der Röhrenprofi die Militärversion. Diese zeichnet sich durch einen deutlich höheren Materialaufwand aus, der bereits am stabileren Glaskörper sowie durch eine verstärkte innere Metallausführung zu erkennen ist. Diese rigide Bauart schützt die Kathode und die Anode vor zu großer Schalleinwirkung. Ein prinzipbedingtes Problem der Röhren ist und bleibt nämlich die Mikrophonie. Dies ist nichts anderes, als "Chaos" um und schlußendlich in der Röhre. Dieses Chaos wird ausschließlich durch Schallwellen erzeugt. Auf den Punkt gebracht bedeutet dies: Je dünnwandiger der Glaskörper, um so empfindlicher ist die jeweilige Konstruktion in Bezug auf Schallwellen. Als übliche (High-End)-Version ist die Bezeichnung ECC83 geläufig. Diese verfügt gemeinhin nicht über den stabilen Glaskörper, wie sie bei den Militärversionen üblich ist. Dabei will WBE keineswegs "zu Felde" ziehen, nein beileibe nicht. Es gehört vielmehr zur Firmenphilosophie, daß sich guter Klang bereits in der Auswahl und Selektion der verwendeten Bauteile begründet. Ein Argument, das keiner weiteren Erläuterung mehr bedarf. Schließlich ist der Hersteller für seine Kompromißlosigkeit in der Auswahl der verwendeten Bauteile bekannt. Die dauerhafte Betriebssicherheit aller Produkte aus dem Hause WBE ist mittlerweile Allgemeinwissen und ich bin mir allein deshalb schon sicher, daß man noch in vielen Jahren von der legendären Qualität dieser Produkte sprechen wird. Jedem Gerät liegt ein eigener Meßschrieb bei, der Auskunft über die technischen Daten gibt. WBE beantwortet beispielsweise die Frage nach der Lebensdauer der zum Einsatz kommenden Röhrentypen mit einer Datenkonstanz von ca. 10.000(!) Betriebsstunden. Für die Dauerhaltbarkeit der Endstufe sorgt u.a. auch eine sehr intelligente Schutzschaltung, die beim Auslösen einer internen Schmelzsicherung oder bei Ausfall einer internen Betriebsspannung sowie eventuellen Röhrendefekten ebenso reagiert wie bei einer Netzunterbrechung. Aber auch bei zu hohen Hochton-Pegeln oder Schwingneigung an einem Lautsprecherausgang schalten je zwei parallelgeschaltete Relais (je Kanal) beide Kanäle ab. Nach Wegfall der Störung werden beide Lautsprecherausgänge wieder freigeschaltet. Dieses Konzept hat sich bewährt, denn von allen bisher hergestellten Hybridendstufen ist noch nie(!) eine ausgefallen. Betrachtet man nun den konstruktiven Aufwand (der Platz im Gehäuse ist maximal ausgenutzt) der hier zu beschreibenden WBE Fusion No.400, so werden die eingebauten Schaltungstechniken geradezu als selbstverständlich angesehen. Bereits nach dem Einschalten (der Netzschalter befindet sich an der Geräteunterseite vorne links) wird dies überdeutlich. Bis die Musik spielt, vergeht eine lange Zeit (ca. 5 Minuten). Erst dann werden die Lautsprecherausgänge freigegeben. Und dann? Ganz ehrlich, die Kausalfrage stellt sich doch wie folgt: "Was macht die Fusion No.400 anders oder besser als die Essence No.300?", aus der die Fusion No.400 im Grunde hervorgeht. Die Antwort ist schnell gefunden. Kurz gesagt erhält der ursprünglich reine Transistorverstärker in seinem Oberhaus (weil eine Etage höher auf der Platine angesiedelt) den von vielen Hifi-Liebhabern geschätzten Schmelz des Röhrenverstärkers eingesetzt. Das Ergebnis ist dem Klangbild sofort anzuhören, ich würde es unbedingt mit kraftvoll, kontrolliert, völlig unlästig, weil "fließend" und geradezu selbstverständlich in der Vermittlung beschreiben. Die Schnelligkeit in der Signalübertragung hat ebenfalls noch einmal deutlich zugelegt. Ihre volle klangliche Reife erreicht die Fusion No.400 nach ca. 250 Stunden. Selbige beanspruchen die zwei Röhren, denn sie benötigen tatsächlich sehr viel Zeit, bis sie "eingebrannt" sind.
Musikhören...
kann man aber während jener Zeit trotzdem schon. Um dieser Endstufe mal so richtig auf den "Zahn" zu fühlen, will ich mich diesmal auf die unterschiedliche, typische Charakteristik diverser Baßgitarren - Fender Jazz-Baß versus Rickenbacker - konzentrieren. Adolph Rickenbacker gründete 1931 aus der ehemaligen, in Los Angelos beheimateten Electro-String-Corporation die Firma "Rickenbacker Electro Instruments". Ob Beatles oder Byrds, viele Musiker schätzten die Gitarren und Bässe dieses Herstellers ebenso hoch wie die allgemein bekannteren Gitarren und Bässe aus dem Hause Leo Fender. Diese werden seit 1951 in Nordamerika gebaut, später folgte eine teilweise Verlegung der Produktion nach Mexiko, wo unter einem anderem Namen (Squire) bis heute (fast) die selbe Modellpalette (allerdings deutlich günstiger) fabriziert wird. 1960 wurde der erste Fender-Jazzbass in der Fretless-Version (also ohne Bünde) vorgestellt. Dieses Modell fand in der internationalen Jazzbassistenszene schnell viel Freunde, vereinte das Produkt doch die "swingende" Spielbarkeit eines Kontrabasses (weil eben auch bundlos) mit der bequemen Verstärkerelektronik auf deutlich kompaktere Weise. Auch von Rickenbacker gab und gibt es bis heute eine bundlose Version, die sich seit jeher mit 4003FL kennzeichnet. Warum ich das hier schreibe? Nun, in meinem Vorleben gab es eine Zeit, in der ich relativ unbekümmert Zeit und Muße für das Baßspielen hatte. Als sich "die Band" immer mehr formierte und erste Auftritte Geld in des (Amateur-) Musikers meist latent schwindsüchtige Geldbörse "spülte", wurde der Wunsch nach einem "richtigen Baß" immer stärker. Während sich die Gitarristen bei Gibson (im Modell Les Paul) und Fender (Stratocaster) zuhause fanden, blieb mir die Qual der Wahl zwischen Fender und Rickenbacker. Völlig klar war, daß jeweils nur die bundlose Version in Frage kommen würde. Zur Schlüsselfrage wurde, welchem Klang der Vorzug zu geben wäre. Während der Rickenbacker mit seinem grundsätzlich eher "knurrigen", ja fast aggressiv wirkenden Klang immer wieder bei Stilrichtungen a’ la Funk und Soul begeisterte, war es letztlich doch der Fender, der durch seinen satten und vor allem druckvollen Klang, den Begriff "Baß" doch eher traf. Dazu kommt, daß der Fender über einen etwas schmaleren Hals verfügt, was sich in der schnelleren und somit in der dadurch leichteren und korrekteren Bespielbarkeit niederschlägt. Obwohl sich der Frettless-Hals nicht so leicht spielen läßt wie ein mit Bünden versehener Hals. Mir gefiel aber immer schon der "freie" Klang der schwingenden Saiten bei einer Baßgitarre. Die Mechanik war bei beiden Typen gleichermaßen solide. Der Rickenbacker verfügte über einen etwas längeren Hals, was wiederum die Wahl der zum Einsatz kommenden Saiten beeinflußte. Um es abzukürzen, es wurde letzlich dann ein Fender Jazz-Frettless-Baß der mich lange Jahre begleitete. Anfänglich präferierte ich noch "roundwounded" Saiten, später, als mehr Geld da war, wurden geschliffene Saiten aufgezogen, was erstens meinen Fingern außerordentlich gut bekam und nebenbei den Klang noch "sahniger" wirken ließ. Meine musikalischen Bassisten-Vorbilder waren u.a. zu dieser Zeit der Bassist Jack Bruce von Cream (mit Eric Clapton) ebenso wie der hierzu stilistisch völlig gegensätzlich spielende Stanley Clarke. Letzterer "prügelte" beispielsweise bei Liveauftritten seinen "Rick"enbacker oftmals derart, daß die Saiten rissen. Zurück zum Thema. Baßklänge zu übertragen, ist so ziemlich das Schwierigste (oder auch Gemeinste) für eine Stereoanlage, was man sich vorstellen kann. Meist wird ohnehin "viel zu viel" Baß gehört, was einerseits in der gegebenen Aufnahmesituation liegt (das leidige Thema "CDs für Ghetto-Blaster"), andererseits ist diese Art der Musikwiedergabe bei vielen quasi als "besonderer Qualitätsbeweis" fest verankert. Das ist grundsätzlich falsch. Denn klar ist, daß ein Bassist, der ständig aufgrund seiner zu großen Lautstärke den Klang dominiert, über kurz oder lang massiven Ärger mit den anderen Bandmitgliedern bekommt. Sein Auftrag lautet lediglich: "sorge mit dem Schlagzeuger für den ‘Musikstamm’, oder auch ‘Rhythmus’ in der Band".
Nun aber wirklich zum Thema Leistungsverstärker. Mitentscheidend für die Musikübertragung sind hier u.a. Schnelligkeit, energetische Potenz und, ganz wesentlich, das Fehlen von Eigenklang, denn nur so wird die ureigene Welt eines jeden Tonträgers hörbar. Eine Endstufe soll lediglich als "Mittler" des Musiksignals dienen und sonst nichts - dies gilt übrigens als Grundsatz für jedes Teil in einer Stereoanlage. Die WBE Fusion No.400 erfüllt diese Anforderung in derart perfekter Art und Weise, daß eine deutliche Steigerung sicherlich nur noch mit einem beträchtlich höheren Konstruktions- (und damit einhergehend finanziellen) Aufwand verbunden realisierbar sein wird. Sie ist in der Lage, die oben genannten Unterschiede der einzelnen Musikinstrumente absolut naturgetreu und für mich ohne Zweifel nachvollziehbar wiederzugeben. Bei Stanley Clarkes Live-CD "at the greek" präsentiert der Musiker beispielsweise ein Baßstakkato, das so manche Anlage als schnödes Geprassel wiedergibt. Gleich Hagelkörnern auf Blech, so hart ist der Baß des Musikers hier eingestellt. Die WBE Fusion No.400 differenziert hier extrem sauber, pfeilschnell und dabei absolut potent ("der Fels in der Brandung"). Die Saiten schnalzen teilweise heftig am Hals der Baßgitarre. Das kommt hier richtig (sau-) gut. Im Vergleich dazu spielte bereits genannter Jeff Beck bei Cream völlig gegensätzlich. Lange, brummige und satt ausschwingend tiefe Frequenzen werden von ihm in den Raum gestellt. Diese Stereoendstufe kann alle gegebenen Stilrichtungen (deswegen zähle ich sie hier nicht einzeln auf, denn natürlich habe ich mehr als "zwei Bassisten" gehört) wiedergeben, nein, genau gesagt, sie leitet exakt das weiter, was sie als Signal erhält. Sie spielt, wie man so schön sagt, geradeaus und ist damit ein absolut neutraler Baustein in einer ebenso neutralen Kette. Falls sich in der Kette ein Fehler eingeschlichen haben sollte, zeigt sie diesen schonungslos auf. So muß das sein! Geräte oder Kabel, die über einen "eigenen" Klang verfügen, sind ohnehin meines Erachtens für eine Kombination mit anderen Geräten schlichtweg ungeeignet, weil sie selbst zu viel machen. Nicht so die WBE Fusion No. 400. Sie macht nämlich außer Signale zu verstärken gar nichts - aber genau das soll sie ja, denn damit ist sie in jeder neutralen Anlage der ideale Spielpartner.
Fazit:
WBE auf dem Weg zum Kulthersteller? Ich denke, man kann Walter Bret dies bedenkenlos attestieren. Leider zu selten findet man in der deutschen Hifi-Geräte-Hersteller-Szene jemanden wie ihn. Die Marke ist seit über zehn Jahren auf dem Markt und als echte Manufaktur anerkannt. Jedes Gerät wird in liebevoller Handarbeit in Deutschland gefertigt. Das bedeutet im Falle einer Endstufe vom Kaliber der Fusion No.400 eine Lieferzeit von vier bis sechs Wochen. Ein Zeitraum, der sich, gemessen am außerordentlich hohen Gebrauchswert des erworbenen Produktes, geradezu verschwindend gering ausnimmt. Die profane Frage nach der Preiswürdigkeit stellt sich aufgrund der gebotenen Bauteile-, Konstruktions- und Fertigungsqualität nicht wirklich. Die Fusion No.400 ist in ihrer Ausführung einer Röhren-Mosfet-Stereoendstufe sogar ein echtes Angebot. Meiner Meinung nach verfügt sie über ein überragendes Preis- Leistungsverhältnis. Die Kontrolle des Transistors verbunden mit Schmelz einer Röhre - gefertigt in deutscher Handarbeit? Wo, bitteschön, gibt es so etwas, in solch einer Qualität, für dieses Geld? Natürlich existiert noch eine Steigerung aus gleichem Hause. Diese wird mit Fusion No.700 betitelt, sie ist allerdings eine Mono-Röhren-Mosfet-Endstufe und stellt derzeit WBE’s "heavens gate" dar. Mir persönlich "reicht" die hier beschriebende Stereo-Röhren-Mosfet-Endstufe - ohne etwas zu vermissen. Konzeption und Konstruktion überzeugen mich restlos. Kraft und Ausdrucksweise empfinde ich als überragend - und ich könnte sie mir leisten. Sie wäre für mich der richtige Spielpartner. Absolut zuverlässig, kraftvoll für jeden Lautsprecher. Ein wirkliches Traumgerät. Und - Träume sind dafür da, daß man sie sich dermaleinst erfüllt. Die Möglichkeit, eine bereits vorhandene und ohnehin schon sehr gute WBE Essence No.300 auf eine Fusion No.400 aufzurüsten, ermöglicht noch dazu einen leichter bezahlbaren, weil schrittweisen WBE-Einstieg, um dann, wenn mal will, irgendwann den Aufstieg zum Ausstieg zu vollziehen. AA
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Mittwoch, 20.11.2024
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